Keine Geheimnisse ?

[Fynn]

 ...

ich wollte von Euch mal wissen, wie es bei Euch eigentlich mit "Geheimnissen" steht. Gibt es Sachen die ihr, egal wem, nie jemandem erzählen würdet. Und wenn ja, könntet ihr es dann auch begründen ? Sicher, ich meine jeder hat so seine "kleinen Leichen im Schrank", oder wie das heißt. Aber ich meine wirklich Sachen, die ihr nie erzählen würdet...ich vermute das die meisten Menschen eines haben....

[Waltzing Mathilda]

Sicherlich gibt´s die 
Aber die kann ich doch hier nicht preisgeben 

Und eine Begründung würde doch Rückschlüsse auf eben dieses Geheimnis zulassen, oder? 

[Fynn]

Und eine Begründung würde doch Rückschlüsse auf eben dieses Geheimnis zulassen, oder? 

So mein ich das auch nicht. Hab mich wohl falsch ausgedrückt... ...ich meine es so : ob ihr die Begründung selbst liefern könntet. Das Problem dabei ist eher zweitrangig. Ich könnte z.B. sagen, ich kann ein bestimmtes Lied nicht do gut hören, einen Film sehen, ein bestimmtes Buch angucken oder irgendetwas sonst. Verstehst Du ? Es soll ja nicht darum gehen mögliche Geheimnisse hier zu erzählen, sondern einfach mal zu sehen, ob es überhaupt welche gibt und dafür evtl einen Grund zu finden, den Du ja auch ganz unverfänglich umschreiben kannst. Klar ? 

[Waltzing Mathilda]

Boah, Fynn, ich weiß doch, wie´s gemeint war 

Aber die Begründung ist möglicherweise immer recht ähnlich:
"Was wird der andere über mich denken, wenn er davon erfährt?"
Also die Angst des Nicht-Angenommen-Werdens, des Nicht-geliebt-Werdens.
Und die Wunde des Nicht geliebt-Werdens ist wohl die größte Wunde des Menschen.

 

[Luna]

Jede Minute der letzten Tage habe ich überlegt und überlegt...:
ich habe keine Geheimnisse. 

Kurz ernst: ich finde das schwierig zu beantworten. Ich kenne mich ja selbst nicht ganz genau.
Und ich habe unendlich viele Geheimnisse vor vielen Menschen. Meine höchsten Höhen und tiefsten Tiefen gehören nur mir!

Die einzige konkrete Sache, die mir einfällt und von der wirklich niemand etwas weiß, ist dass ich phasenweise (und in den letzten Jahren fast gar nicht mehr) eine irrationale Angst vor etwas Bestimmtem hatte, die mein normales Leben beeinträchtigt hat.
Wegen 'dem Bestimmten' ich Vermeidungsverhalten entwickelt hatte, und womit ich die Konfrontation mehr gefürchtet habe als vor allem, was ich mir hab vorstellen können.
Ich vermute, sowas kennen von Euch hier auch einige.

Warum ich niemandem bis heute etwas davon erzählt habe?
Ich hatte immer den Gedanken, dass ich der Angst Leben, Macht verleihe, wenn ich jemandem von ihr erzähle.
Und wenn derjenige mir dann zugestimmt hätte in der Angst vor dieser Sache, hätte selber diese Angst vielleicht auch - dann wär's erst recht schlimm gewesen. Das wär ja dann die Bestätigung gewesen, dass die Angst vor der Sache gerechtfertigt ist...

[Fynn]

Aber die Begründung ist möglicherweise immer recht ähnlich:
"Was wird der andere über mich denken, wenn er davon erfährt?"
Also die Angst des Nicht-Angenommen-Werdens, des Nicht-geliebt-Werdens.
Und die Wunde des Nicht geliebt-Werdens ist wohl die größte Wunde des Menschen.

Wenn er durch diese größte Angst / Wunde nicht durchgeht, dann hat er aber auch keine Chance eine andere Erfahrung zu machen. Selbst WENN er vorher vllt nochmal diesselbe negative machen sollte. Andere haben ja kein anderes, kleineres Problem damit. Das spielt sich vllt im eigenen Kopf so ab, aber ich bezweifle, das es so ist.

[Fynn]

Warum ich niemandem bis heute etwas davon erzählt habe?
Ich hatte immer den Gedanken, dass ich der Angst Leben, Macht verleihe, wenn ich jemandem von ihr erzähle.
Und wenn derjenige mir dann zugestimmt hätte in der Angst vor dieser Sache, hätte selber diese Angst vielleicht auch - dann wär's erst recht schlimm gewesen. Das wär ja dann die Bestätigung gewesen, dass die Angst vor der Sache gerechtfertigt ist...

Ja, ich glaub das wir alle sowas kennen und es irgendwo ja auch "normal" ist. Nur glaube ich persönlich nicht das es auch gesund ist. Ich meine, es ist doch immer so ein "was wäre wenn.." und "vielleicht...", aber alles doch ziemlich unkonkret. Ich glaube, d.h. ich halte das für Kopfkino. Aber keine Sorge, Dr. Fynn weiß wovon er spricht, kennt das nämlich gut. Nur, ich hab auch immer wieder gemerkt, wenn ich dem aussetze, mich dem stelle, dann ist es gut. Dann brauch ich mich nicht länger damit beschäftigen, denn dann ist die Sache erledigt, Thema gelaufen.

[Luna]

Nur, ich hab auch immer wieder gemerkt, wenn ich dem aussetze, mich dem stelle, dann ist es gut. Dann brauch ich mich nicht länger damit beschäftigen, denn dann ist die Sache erledigt, Thema gelaufen.

Ja, bei mir war es wohl ähnlich.
Ich hatte zufällig entdeckt, dass es gar nicht so wenige Menschen gibt die meine Angst teilen, es gibt nämlich ein Forum dazu.
Ich war erst total schockiert, so, wie ich es mir vorgestellt hatte: Oh Gott, das ist eine weltweit vorkommende Angst, wie furchtbar, dann ist sie ja real und vervielfacht!
Und dann gab's in dem Forum noch die 'nettesten' Stories, Erfahrungsberichte, Konfrontationserlebnisse...shocking!
Mich hat das jedesmal total runtergerissen, darin zu lesen.
Und dann kam der Tag, wo ich das alles nur noch lächerlich fand, mich eingeschlossen!
Sich so in dem Thema zu suhlen, sich damit zu beschäftigen, überhaupt erst ein Thema daraus zu machen.
Ich will nicht das Forum herabwürdigen, denn anscheinend ist es für viele Betroffene hilfreich.
Aber mein Gefühl war: ich brauche das nicht. Ich will das nicht.
Und seitdem berührt mich das immer weniger.
Nicht "nicht", aber deutlich weniger.

Hinzu kommt, dass mir einfach die Erfahrung gezeigt hat, dass das, wovor ich am meisten Angst hatte...die Konfrontation mit dem Angstauslöser, seit Jahren nicht mehr passiert ist.

[Fynn]

Na ja, wenn da wirklich in so einem Forum noch was konstruktives bei rüberkommt, dann ist ja gut. Aber vermutlich ist das ja auch für jeden anders, obwohl ich da schon so ohne jede fachliche Begleitung skeptisch wäre. Denn die gibt's da ja vermutlich nicht.

Ich denke auch, alles was man "vermeidet". aus Angst eben, das ist natürlich auch eine natürliche Schutzfunktion. Aber wieviel von dieser Angst tatsächlich nötig ist und letztlich überbleibt, das sieht man wohl am ehesten, wenn man seinen "Schutzpanzer", Vermeidungstaktiken usw. mal aufgibt.