Also sagst Du selber, das es Dir nicht schlecht genug geht...verstehe ich Dich richtig ?
Nicht ganz….
Wenn es mir so schlecht ginge, dass ich zu keiner Handlung mehr fähig wäre, dann – wählte ich den Strick statt der Kapitulation.
Da wären wir wohl wieder bei "Du hast die Wahl !"
Auch hier: nicht ganz….
Es gibt eben keine Wahl mehr; es gibt nur noch den Versuch, dem unerträglichen Leben zu entkommen. Auch wenn man letztlich doch die grausame Gewissheit hat, dass man nicht wirklich etwas damit ändert.
Ich hab' aber auch das Gefühl, das Du Hilfe so kategorisch und aus Angst vor Demütigung ablehnst, das sich das schon wie eine Schallplatte bei Dir dreht und Du auch nichtmal die Möglichkeit (!) in Betracht ziehst, das daran was nicht stimmen könnte.
Ich bin durch „Hilfe“ zu oft und zu tief gedemütigt worden, als dass ich auch nur einen einzigen Gedanken daran verschwendete. Ich käme niemals auf die Idee, mich jemals wieder darauf einzulassen.
Wer gäbe mir die Garantie, dass sich die Vergangenheit nicht wiederholte?
Man hat mir auch damals Vertrauen vorgelogen, und dafür habe ich überaus teuer bezahlt!
Und ich sehe darin auch nichts Unstimmiges. Es ist das Resultat meiner Erfahrungen.
Wie sieht es denn mit den Menschen in Deinem Arbeitsumfeld z.B. aus ? Brauchen die Dich nicht auch ? Wenn ja, müßte das dann nicht demütigend für sie sein?
Jeder Mensch ist ersetzlich. Und vor mir hat es doch auch funktioniert, oder…?
Und verachtest Du sie dann dafür ?
Nein, denn es ist ja dann deren Problem, nicht meines.
Und sind wir ALLE nicht ohnehin jeden Tag aufeinander angewiesen ?
Das ist ja das Dilemma!
Wenn ich mit meinem jetzigen Leben wirklich richtig unglücklich wäre, das ich sogar manchmal über Selbstmord nachdenken würde, dann wäre mir sicher klar, das da was nicht stimmt.
Daß da WO etwas nicht stimmt?
Mit Dir oder bei Dir?
Oder mit dieser Welt, in der wir uns herumschlagen müssen?
Aber letztlich kenne ich auch niemanden, der sagt, ich hatte die gleichen Probleme im letzten Leben...
Nun, an unsere früheren Leben können wir uns leider nicht erinnern.
In einem GmG-Band stand, dass manche mehrere Leben brauchen, um sich selbst zu finden.
Ist das nicht eine horrende Vorstellung – die Möglichkeit, dass Du es auch im nächsten und übernächsten und über-übernächsten Leben nicht schaffen könntest?
Würde es Dich nicht rasend machen, dass der Horror sich im nächsten und übernächsten und über-übernächsten Leben wiederholen könnte?
Was sollte einen dann noch motivieren?
Und wozu diese endlosen Grausamkeiten?
Es macht auch Spaß, die eigenen Fortschritte zu beobachten, auch wenn sie hier und da auch mal etwas länger dauern können.
Mich erinnert es immer daran, wie ich den Führerschein gemacht habe: ich wollte eigentlich gar nicht, aber vor allem meine Mutter hat mir immer damit in den Ohren gelegen.
Zumal ich ein Zwilling bin und immer auch all das können musste, was mein Bruder konnte.
Ob mir daran gelegen war oder nicht.
Dagegen habe ich mich stets gewehrt.
Aber irgendwann war ich es leid. Ohne Auto kam man aus diesem Kuhdorf nicht weg, und dann musste es eben sein.
Die Fahrstunden waren Horror pur, und als ich den „Lappen“ endlich in der Hand hatte und schon tags zuvor ein eigenes Auto vor der Türe – da hat mich nur eines glücklich gemacht:
die Gewissheit, dass die Fahrstunden nun endlich, endlich ein Ende hatten.
Der Führerschein selbst hat mich da schon nicht mehr interessiert, und ich kann nicht sagen, dass ich glücklich war, ihn zu haben.
Und so geht es mir mit anderen "gelösten Problemen" auch.
Darüber glücklich sein? Das Gefühl ist mir offenbar völlig fremd.
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Manchmal brauche ich die Hilfe eines anderen, manchmal braucht er meine. Was daran soll demütigend sein ?
Wie ich schon sagte: es führt einem unentwegt vor Augen, zu klein, zu mickrig, zu blöde, zu dämlich zu sein, es
allein „auf die Reihe zu kriegen“.
Heißt es nicht, Gott hätte den Menschen vollkommen erschaffen?
Aber wie kann etwas, was vollkommen ist, auf Hilfe angewiesen sein?