Autor Thema: Von der Kunst, sich selbst zu hassen  (Gelesen 7734 mal)

Waltzing Mathilda

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Von der Kunst, sich selbst zu hassen
« am: Mai 24, 2009, 20:01:50 Nachmittag »
Gesehen hat sie sicher schon jeder einmal: die Leutchen, die mit dem „Wachtturm“ und der „Erwachet“ in den Einkaufsbereichen stehen und jedem zum Ewigen Leben verhelfen wollen.

Nun ja: ich kann nicht aufhören, über sie zu schmunzeln.
Aber sie sind nun mal nicht die Einzigen, die den einzig seligmachenden Weg gefunden haben wollen.
Seltsamerweise hat auch noch jedes Grüppchen, welches den „Einzig wahren Weg“ für sich allein beansprucht, einen anderen Weg.

Gott muß also sehr an einer Spaltung der Menschheit gelegen haben.
Ziemlich gemein, unser Schöpfer, nicht wahr?  :D

So sind wir denn alle Sünder!
Als Sünder geboren, leben wir als Sünder, denn unser Gott hat es leider nicht fertiggebracht, uns unfehlbar zu erschaffen. So unvollkommen ist unser Gott, dass er unvollkommene Wesen erschafft.

Amüsant fand ich zum Beispiel folgende Aussage im Forum www.2jesus.de:

http://www.2jesus.de/bibel-forum/busse-tun-fuer-dummies-t2811.html
Zitat
Wenn du einsiehst, daß du die Gnade Gottes bitter nötig hast, dann hast du auch Glauben an Jesus Christus, den Sündenvergeber.

Und gebrüllt vor Lachen hätte ich hier:
http://www.2jesus.de/bibel-forum/das-wasser-vom-ersten-tag-t2835.html
Zitat
Die Erde entstand aus Wasser!
Erst ein riesiger Wasserplanet, Gott machte dann aus H2O die anderen Elemente, trennte dann: Wasser oben, Erde/Land und Wasser/Meer unten, dazwischen die Luft.
Das Wasser oben wurde für die Sintflut benötigt, die besondere Atmosphäre hat das Riesenwachstum der Dinos und Insekten davor möglich gemacht. Außerdem brauchte es lange keinen Regen. 1.Mose 2, 5-6
Alles wunderbar logisch.

Grüße Christine

Na, das ist tatsächlich wunderbar logisch. Obwohl ich diese Beschreibung trotz intensiver Suche nicht in der Bibel gefunden habe.
Vielleicht sollte ich eine andere Ausgabe nehmen?

Welchen Weg sie nun gehen, ist mir ja eigentlich ziemlich egal.
Tragisch ist nur, dass sie mit ihrem Mumpitz auch noch andere vergiften.
Sie säen Schuldgefühle bei Kindern; geben ihnen das Gefühl, nicht gut genug zu sein und auf Gottes Gnade angewiesen zu sein, weil sie aus sich heraus niemals vor Gottes Augen bestehen können.
Und so bringen sie Neurotiker hervor und Indoktrinierte, die unfähig sind, über den antrainierten Tellerrand hinauszusehen.
Sie verurteilen Homosexuelle, Sex vor der Ehe; andere Religionen, andere Konfessionen. Sie leugnen die Evolutionstheorie und vertreten die biblische Schöpfungsgeschichte.
Ein Selbsthaß ist nur eine Folge; psychische Störungen die Regel.

Zu allem Übel sind die Kirchen auch noch staatlich unterstützte Einrichtungen, und somit dürfen sie ihr Gift ungehindert verspritzen.

Wie geht ihr mit solchen Zeitgenossen um?

Offline Fynn

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Re: Von der Kunst, sich selbst zu hassen
« Antwort #1 am: Mai 24, 2009, 20:30:07 Nachmittag »
Wie geht ihr mit solchen Zeitgenossen um?
Ich muß, genau wie Du, ein bißchen schmunzeln über diese "Wachturm"-Leute usw. Entspricht einfach nicht meiner Wahrheit, - aber das muß es ja auch nicht. Ich denke, jeder von uns lebt *seine* Wahrheit und das ist doch auch okay.
Nun ja: ich kann nicht aufhören, über sie zu schmunzeln.Aber sie sind nun mal nicht die Einzigen, die den einzig seligmachenden Weg gefunden haben wollen.Seltsamerweise hat auch noch jedes Grüppchen, welches den „Einzig wahren Weg“ für sich allein beansprucht, einen anderen Weg.
Vermutlich ist der Mensch ein *Suchender*, davon überzeugt, den einzig wahren Weg gefunden zu haben, - bis er einen anderen entdeckt. Ich meine, wenn z.B. das, was die "Wachturm-Leute" predigen, wahr ist, dann bedarf das doch keiner weiteren Reklame, dann ist es eben so. Und ich kann es annehmen oder lassen.
So sind wir denn alle Sünder!
Als Sünder geboren, leben wir als Sünder, denn unser Gott hat es leider nicht fertiggebracht, uns unfehlbar zu erschaffen. So unvollkommen ist unser Gott, dass er unvollkommene Wesen erschafft
Eben das glaube ich nicht. Ich denke, das unsere Unvollkommenheit unsere Vollkommenheit spiegelt. Ich büße nichts und bereue auch nichts, aber ich denke, wenn (!) ich das täte, dann würde ich mich gewissermaßen "schuldig" bekennen - und das bin ich nicht. Obwohl wir Ewigkeiten damit verbracht haben, genau das zu pauken und zu lernen. Die Aussagen aus diesem Forum sind schon drollig, ja. Ich glaube, da ist eine enorme Ratlosigkeit, Fragen ohne Antworten (zumindest keine für sie selbst glaubwürdigen) und die Auseinandersetzung mit anderen soll sie nun in ihrem Glauben und Tun bestätigen. Das ist allerdings bei mir und was Neale Donald Walsch angeht, kaum anders. Ich muß zwar nicht dauernd an irgendeiner Ecke mit seinen Büchern stehen und sie lobpreisen, aber ich glaube fraglos daran.

Ich glaube, wir suchen alle. Ohne Ausnahme. Es ist mir egal, was irgendwelche "Wachtürme" oder sonstigen Vereinigungen sagen. Es ist IHRE Wahrheit, meine ist eine andere. Deshalb muß ich auch gar nicht diskutieren mit solchen Leuten. Ich will ihnen ihren Glauben nicht nehmen, er schadet mir nicht. Aber er hat nicht das Geringste mit mir zu tun.

Liebe Grüße,

Fynn wink
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Waltzing Mathilda

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Re: Von der Kunst, sich selbst zu hassen
« Antwort #2 am: Mai 24, 2009, 21:31:52 Nachmittag »
Zitat
Ich muß, genau wie Du, ein bißchen schmunzeln über diese "Wachturm"-Leute usw. Entspricht einfach nicht meiner Wahrheit, - aber das muß es ja auch nicht. Ich denke, jeder von uns lebt *seine* Wahrheit und das ist doch auch okay.

Es ist so lange okay, solange niemandem ein bestimmtes Gottesbild aufgezwungen wird. Aber das ist bei diesen Leuten ja eben nicht der Fall. Jeder, der nicht ihre Sicht teilt, ist ein „Nicht-Christ“ oder ein Gottloser oder Ungläubiger.
Ihre Kinder werden von ihrem Weltbild indoktriniert; deren Weltbild ist demnach ebenso vorprogrammiert. Jegliches selbständige Denken und Hinterfragen wird ja geradezu unterbunden.
Von einer freien Entwicklung kann hier keine Rede sein.

Zitat
So sind wir denn alle Sünder!
Als Sünder geboren, leben wir als Sünder, denn unser Gott hat es leider nicht fertiggebracht, uns unfehlbar zu erschaffen. So unvollkommen ist unser Gott, dass er unvollkommene Wesen erschafft.
Eben das glaube ich nicht.
Hey, das war jetzt auch ironisch gemeint von mir, bitte nicht mistverstehen….  wink

Zitat
Es ist IHRE Wahrheit, meine ist eine andere. Deshalb muß ich auch gar nicht diskutieren mit solchen Leuten. Ich will ihnen ihren Glauben nicht nehmen, er schadet mir nicht. Aber er hat nicht das Geringste mit mir zu tun.
Stell Dir vor, Du hast Kinder, die im Religionsunterricht mit Sätzen malträtiert werden wie „Wenn du dieses oder jenes tust, liebt Gott dich nicht mehr“ oder „Wenn ihr eure Sünden nicht aufrichtig bereut, kommt ihr in die Hölle“.
Spätestens dann hat es auch etwas mit Dir zu tun.
Was dann?

Ihren Glauben möchte ich diesen Leuten auch nicht nehmen, aber ich sähe es gerne, wenn man sie daran hindert, aus unserer Jugend gestörte Menschen zu machen.
 Was dabei nämlich herauskommt, beschreibt Alice Miller als "schwarze Pädagogik" zum Beispiel in:
„Am Anfang war Erziehung“  a045
http://www.amazon.de/Anfang-war-Erziehung-Alice-Miller/dp/3518374516/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1243193268&sr=1-1

Offline Fynn

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Re: Von der Kunst, sich selbst zu hassen
« Antwort #3 am: Mai 25, 2009, 06:50:48 Vormittag »
Hey Mat,  morg
Zitat
Ich muß, genau wie Du, ein bißchen schmunzeln über diese "Wachturm"-Leute usw. Entspricht einfach nicht meiner Wahrheit, - aber das muß es ja auch nicht. Ich denke, jeder von uns lebt *seine* Wahrheit und das ist doch auch okay.

Es ist so lange okay, solange niemandem ein bestimmtes Gottesbild aufgezwungen wird. Aber das ist bei diesen Leuten ja eben nicht der Fall. Jeder, der nicht ihre Sicht teilt, ist ein „Nicht-Christ“ oder ein Gottloser oder Ungläubiger.
Ihre Kinder werden von ihrem Weltbild indoktriniert; deren Weltbild ist demnach ebenso vorprogrammiert. Jegliches selbständige Denken und Hinterfragen wird ja geradezu unterbunden.
Von einer freien Entwicklung kann hier keine Rede sein.
Stimmt schon, aber wie soll ich das ändern ? Manches kann ich eben nicht ändern, was nicht heißen muß, das es okay ist. Scientologie ist ja (für mich zumindest) ein ähnliches, - wenn auch weitaus gefährlicheres - Problem, wo der Gesetzgeber gefragt wäre. Beim "Wachturm" u.ä. sehe ich zwar das Problem, das Du da hast, aber, wie gesagt, wie soll ich es ändern ? Ich selbst würde es vermutlich nicht mal wollen, denn das würde ja bedeuten, das ich dem anderen meine (!) Glaubensvorstellungen aufzwingen würde. a045

Stell Dir vor, Du hast Kinder, die im Religionsunterricht mit Sätzen malträtiert werden wie „Wenn du dieses oder jenes tust, liebt Gott dich nicht mehr“ oder „Wenn ihr eure Sünden nicht aufrichtig bereut, kommt ihr in die Hölle“.Spätestens dann hat es auch etwas mit Dir zu tun.Was dann?
Na ja, ich denke, es hat immer (!) auch etwas mit mir zu tun. Brauchen wir wirklich solche religiösen Gesellschaften, um so oder ähnliches zu lernen ? Ich habe zwar nie das Bild eines *rächenden Gottes, der Dich in die Hölle schickt*, vermittelt bekommen, aber ich weiß, das es Menschen gibt, bei denen das der Fall ist - obwohl sie nicht im geringsten mit Wachtürmen, Scientologie und Konsorten zu tun haben. Wie soll ich das ändern ? Und muß ich es überhaupt ? Ich meine, ich kann meine Kinder (ich hab keine) so erziehen, wie ich's für richtig halte, was bedeuten würde, das ich ihnen die Wahl lassen würde, dieses oder jenes zu glauben. Aber wie andere Menschen ihre Kinder erziehen, wie soll ich das ändern ? Würdest Du es wollen ? Bekämen meine Kinder so etwas im Unterricht vermittelt, würde ich vllt mit der Schule reden wollen, das ich diese Art von Erziehung ablehne und meinen (!) Kindern selbst mitgebe. Und falls ich da nicht weiterkäme, würde es vermutlich Ärger geben, denn ich möchte die Erziehung (!) meiner Kinder im religiösen Sinne nicht jedem überlassen. Ich würde vllt versuchen, Dinge wie Dankbarkeit, Liebe usw. weitergeben, aber ich denke, das das ein eher ein anderer Schuh ist.

Lieben Gruß,

Fynn c 0 c
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Offline Vivienne

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Re: Von der Kunst, sich selbst zu hassen
« Antwort #4 am: Mai 25, 2009, 08:46:53 Vormittag »
Ihren Glauben möchte ich diesen Leuten auch nicht nehmen, aber ich sähe es gerne, wenn man sie daran hindert, aus unserer Jugend gestörte Menschen zu machen.
 Was dabei nämlich herauskommt, beschreibt Alice Miller als "schwarze Pädagogik" zum Beispiel in:




Was für ein Satz, Mat! Echt der haut mich um!  Ich bin so erzogen worden, hatte im Kindergottesdienst genau solche Sätze mir anzuhören,  dass ich viele Jahre gebraucht habe, um mich wenigstens vom Gröbsten zu befreien, damit meine ich, meine tiefsitzendsten Ängste wieder loszuwerden... Ich glaube, Mat, gerade jetzt in Cannes ist ein Film gezeigt worden, der genau dieses Thema zum Inhalt hat...
In den Medien wird viel davon berichtet, wie die Familien gestörte Kinder erzieht oder erzielt, aber wenig davon, was Schulen mit Kindern machen - Fynn selbst kann ein Lied davon singen,
Lieber Fynn, deine Beiträge tun mir sehr gut!!
« Letzte Änderung: Mai 25, 2009, 08:52:33 Vormittag von Vivienne »
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